Ein Kunstparcours in Zusammenarbeit mit der Traisen und dem Mühlbach

Kuratiert von Joanna Warsza und Associate Curator Lorena Moreno Vera
© Lorena Moreno-Vera

Künstler:innen

Amanda Piña, Clara Laila Abid Alsstar, Cecylia Malik, Christina Gruber, Edgar Calel, Elisabeth von Samsonow, Eva Grubinger & Werner Feiersinger, Filip van Dingenen und Hélène Meyer, Javier Téllez, Jimena Croceri, Katarina Pirak Sikku, Klara Hobza, Lisa Tan, Lisa Truttmann, neonpink Collective, Paola Torres Núñez del Prado, Rainer Prohaska, Regina Hügli, Rita Fischer, Roberta Lazo Valenzuela, Sissel Tolaas, Slavs and Tatars, Sophie Utikal, Ursula K. Le Guin

Die Existenz aller lebenden Organismen hängt vom Wasser ab. Wenn wir ein Glas Wasser trinken, fließt dieses Wasser durch uns zurück in die Welt. Mit jedem Schluck treten wir in einen artenübergreifenden Austausch mit verschiedenen Lebewesen, aber auch mit meteorologischen, kulturellen, ökologischen und geophysikalischen Technologien. Unser Körper besteht zum größten Teil aus Wasser; es ist Lebensquelle und tödliches Element zugleich, bringt Rettung und Gefahr. Es kann auch eine Grenze markieren oder ein Zeichen für Verschmutzung sein, ein Träger von Zeit, Erinnerung und Wandel, von kolonialer Ausbeutung oder indigenen Kämpfen. Wasser ist transnational, transkorporal und politisch. Die meisten menschlichen Siedlungen wurden entlang von Flüssen errichtet. Flüsse sind das Rückgrat, die Lunge, die Beine und der Kopf der urbanen Entwicklung. Sie durchschneiden unsichtbare und sichtbare Mauern und Zäune und dienen sowohl als Beförderungsmittel als auch als Barriere. So auch in St. Pölten, das einst zur Römerzeit an der Traisen gegründet wurde. 

 

Den Ausgangspunkt der Ausstellung „The Way of the Water“ bildeten eine Reihe grundlegender Fragen an die Künstler:innen: 

 

Was bedeutet es für euch, eine Zusammenarbeit mit dem Fluss einzugehen? Wie kann Kunst in Wechselwirkung mit dem Fluss, seinen jahreszeitlichen Veränderungen, der Sonne, der Trockenheit, den Regenfällen, seinen künstlichen Formen und wechselnden Gestalten entstehen? Wie können wir unser Menschsein „im Fluss“ ver­mitteln? Als Teil einer „Hypersea“ aus unzähligen Verkörperungen von Wasser? Können wir Interventionen oder konzeptionelle Gesten entwerfen, die nicht nur von ökologischem Bewusstsein sprechen, sondern sich auf subtile Weise mit diesem verbinden? Mit dem Fluss sprechen, im Fluss sitzen, mit dem Fluss fließen? 

 

Die Route beginnt am Mühlbach bei Solektiv, der selbstorganisierten Initiative für Kunst, Kultur und Natur, und folgt dann dem Verlauf von Traisen und Mühlbach von Süden nach Norden. Auf unserem Weg entlang der Uferpromenade des Regierungsviertels unterqueren wir zahlreiche Brücken, bei denen sich künstlerische Interventionen mit Themen wie dem ökologischen Mensch­sein oder dem ökologischen Fußabdruck der sogenannten grünen Energie beschäftigen. Wir stoßen auf die unerzählten Geschichten des überfluteten Arbeitslagers an den Viehofner Seen. Auf dem Rückweg zum Mühlbach kommen wir an den Wassertürmen der ehemaligen Glanzstoff-Fabrik und am Brunnen der Mevlana-Moschee vorbei. Wir folgen den begrünten Wegen entlang des Mühlbachs und enden bei einem ehemaligen Imbissstand, der in den späten 1970er-Jahren von Wien nach St. Pölten gebracht wurde. 

 

Die nach St. Pölten eingeladenen Künstler:innen prägen die Themen der Tangente – Ökologie, Erinnerung und Demokratie – entscheidend mit. Die Projekte bestehen teils aus neuen Auftragsarbeiten, teils aus bereits existierenden Werken, die an die neuen Kontexte angepasst sind: von Zeichnungen, die das Wasser anfertigt, über im Fluss schwimmende Instrumente bis hin zu Hörstücken über das, was sich unter der Wasseroberfläche befindet. Die Künstler:innen verbindet ein gemeinsames Interesse an Eingriffen in die Umwelt, an der Kraft einfacher Gesten, aber auch an umfassenderen Themen wie der Ausbeutung und Privatisierung planetarischer Ressourcen, den mythologischen oder spirituellen Deutungen des Fluiden, aquatischen Formen der Erinnerung oder den Veränderungen von Wetter und Klima. Der Kunstparcours ist sowohl für einheimische wie internationale Besucher:innen gedacht, die ihn auf einer Tour mit dem Fahrrad, zu Fuß und vielleicht sogar mit dem Kajak erkunden können, bietet aber auch den zufällig Vorbeikommenden interessante Entdeckungen.  

 

Eine wichtige Inspirationsquelle der Ausstellung sind die Schriften der feministischen Wissenschaft­lerin Astrida Neimanis über „Hydrofeminismus“ und die Idee, dass wir Menschen über die undichte, durchlässige und transkorporale Ontologie des Wassers den planetarischen „Hydrocommons“ angehören. Gemeinsam mit dem Fluss werden wir Kunst als Sprache nutzen, die nachvollziehbar macht, was es wirklich bedeutet, ein Glas Wasser zu trinken, mit Wasser zu denken und selbst Wasser zu sein, sowohl in St. Pölten als auch anderswo in der Welt. 

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