Javier Téllez

Javier Téllez wurde zu seiner Videoinstallation Das Narrenschiff von dem berühmten gleichnamigen, um 1490–1500 entstandenen Gemälde von Hieronymus Bosch inspiriert. Dieses zeigt die bekannte Allegorie eines Narrenschiffs und steht möglicherweise in Zusammenhang mit satirischen Gedichten von Sebastian Brant, die 1494 in Basel publiziert wurden und von einem Schiff handeln, das – von Narren gesteuert – sich nach Narragonien, dem „Paradies der Narren“, aufmacht. 

Nachdem Téllez vom Kunstmuseum Thurgau beauftragt wurde, ein neues Werk zu schaffen, widmete er sich einer mysteriösen Episode aus Michel Foucaults Biografie: seiner Reise in die Schweiz 1954, wo der junge Philosoph eine Karnevalsfeier von Patient:innen und Mitarbeitenden der Psychiatrischen Klinik in Münsterlingen am Ufer des Bodensees beobachtete. Diese Erfahrung weckte Foucaults Interesse am karnevalesken Aspekt der Verrücktheit, mit dem er sich später in seinem bahnbrechenden Buch Wahnsinn und Gesellschaft auseinandersetzte.

Téllez, der als Kind eines Psychiaters ähnliche Erfahrungen mit Faschingsfesten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemacht hatte und zudem seit mehreren Jahrzehnten Filminstallationen mit Menschen mit kognitiver Einschränkung schafft, war von der Geschichte fasziniert. Er entschied sich dazu, die Allegorie des Narrenschiffs mit Personen, die in psychiatrischer Behandlung waren, auf dem Bodensee wieder entstehen zu lassen. Gemeinsam begaben sie sich auf eine symbolische Reise auf der Suche nach einem neuen Narragonien, wo es keine Definitionen von Normalität und Pathologie und keine Stigmata gibt.

Javier Téllez ist ein venezolanischer Künstler und Filmemacher, der 1969 in Valencia, Venezuela, geboren wurde. Er lebt und arbeitet aktuell in New York City.